Aus Hohenseeden berichtet Falk Heidel
Von der Hochzeitsfeier bis zum Wäsche waschen: Sie zeigen den jungen Leuten, wie unsere Vorfahren vor 100 Jahren lebten. Eine muntere Seniorentruppe tingelt seit Jahren durch die Region und präsentiert unter dem Markennamen „Anno dazumal“ Kleider, Trachten, Hüte und auch Unterwäsche aus einem Land vor unserer Zeit. „Damals lebten die Leute auf dem Dorf deutlich bescheidener“, erzählt Vorsitzende Ute Braune. Zu erkennen ist diese Bescheidenheit nicht nur an der Kleidung, wie sie die Landbevölkerung früher bei der Feldarbeit trug. Meist sind es Volksfeste, große Jubiläen oder Museumstage, wo die Modegruppe den Zeitgeist zu Beginn des 20. Jahrhunderts präsentiert. Landfrauen waren einst in Leinenstoffen gekleidet.
Wie sich die Hausfrau seinerzeit um die „große Wäsche“ kümmerte, zeigten Ute Braune und ihre Mitstreiter kürzlich beim Tag der offenen Tür im Genthiner Chemiepark - inklusive originalem Zubehör von Zinkwanne über Waschbrett bis zur Kernseife. Zwischendurch gönnten sich die Schausteller zeitgemäß eine frische Schmalzstulle. „Anno dazumal“ hat sich auf den Alltag vor 100 Jahren spezialisiert.
Die Geschichte der Modegruppe beginnt 2006 auf dem Dachboden der Familie Braune in Hohenseeden. Beim Aufräumen findet Ute einen alten Koffer mit Nachtwäsche. Ihr erster Gedanke: Viel zu schade zum Wegwerfen. Es folgt die Idee: Daraus könnte eine Modenschau werden!
Gedacht - getan: Tatsächlich gab es die Premiere bei einer Frauentagsfeier im Reesdorfer Waldhof. Wir haben mit der Kleidung und sämtlichen Accessoires gezeigt, wie sich die Menschen früher schlafen gelegt haben. Die damalige Bürgermeisterin Sybille Frank war begeistert und lud die Modegruppe zum großen Reesdorfer Dorffest ein. Der Durchbruch war nicht mehr zu stoppen. Immer häufiger kamen Leute zu den Braunes auf den Hof und brachten alte Kleidung und Alltagsgegenstände von anno dazumal. Die Modegruppe zog von Dorf zu Dorf, um Großmutters Alltag zu feiern. Zu Gast waren Ute Braune und ihre Models auch beim Lindenblüte-Verein im heimischen Hohenseeden. Seit 2010 ist sie Mitglied auch dieses Vereins. Sie sagt: „Wir geben den Menschen einen Einblick in Leben und Arbeit unserer Vorfahren.“
Die Familien auf dem Dorfe haben die Rüben auf den Äckern gehakt, also die Pflanzen von Unkraut befreit, und Kartoffeln geklappert. Berthold Braune erklärt: „Mit speziellen Maschinen wurden die Kartoffeln nach der Ernte von der Muttererde befreit. Weil die vibrierenden Gerätschaften lautstark klapperten, wurde dieser Prozess Kartoffel-Klapper genannt.“ Ein Beispiel dafür ist die Parchener Klapperhalle, die zu DDR-Zeiten für diesen Zweck gebaut wurde. Nach der Wende wurde sie zum Dorfgemeinschaftshaus.
Die Modegruppe profitiert von Anfang an von den Talenten ihrer Mitglieder. Dazu gehören Gunda Cegla und Giesela Meyer, beide absolvierten die Modenschau kürzlich beim Tag der offenen Tür im Genthiner Chemiepark. Zum Ensemble gehören und gehörten auch Helga Jäckel, Anneliese Krüger, Hannelore Gerbet, Inge Bensel, Inge und Manfred Tetzlaff, Christa Krzewsky, Anneliese Krüger, Helga Paaschen, Yvette Below und Sylvia Freudenberger.
Häufig war „Anno dazumal“ in Verbindung mit der Genthiner Tourist-Info im Einsatz. „Es war und ist jederzeit eine verlässliche und sympathische Zusammenarbeit bei unzähligen Veranstaltungen“, erzählt Tourist-Info-Leiterin Marina Conradi. Sie spricht von gemeinsamen Auftritten bei großen Festen und diversen Aktionstagen. Im Rahmen früherer Kartoffelfeste zeigte „Anno dazumal“, wie Kartoffeln geklappert und Kartoffelpuffer gebraten wurde. Unvergessen ist das Jahr 2009 mit dem großen Festumzug zur 1000-Jahrfeier von Tangermünde, als sich die Tourist-Info-Delegation als Kartoffelfamilie präsentierte. Der Tag endete im Dauerregen. „Wir waren nass bis auf die Haut, einschließlich Kartoffelkönigin“, erinnert sich Berthold Braune. Er ist in den vergangenen Jahren häufiger in die Rollen historischer Persönlichkeiten geschlüpft: Der Alte Fritz zum Beispiel oder Bismarck und Lutter. Er sagt aber auch: „Den größten Applaus gab es für den Holzmichl.“ Ute Braune erzählt gern von einer Aktion mit TV-Star Inka Bause: „Für sie haben wir am Kanal wie anno dazumal Wäsche gewaschen.“ Oft ist die Modegruppe auch mit dem Pareyer Moskito Klub unterwegs. Die Hohenseedener Traditionalisten wollen aber nicht nur Wäsche und Zubehör präsentieren: „Ich erzähle den Menschen oft auch die Lebensgeschichte der Dame, der das alte Kleid vor 100 Jahren gehörte“, sagt Ute Braune. Ihre Botschaft an die junge Generation: „Bescheidenheit ist durchaus eine Zier. Wir leben heutzutage viel zu oft über unseren Verhältnissen.“
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